"10.11": Rückblick und Überlebensleitfaden für die Überlebenden

In der Zeit nach dem Crash – wohin steuert die Krypto-Investition?

Verfasst von: Route 2 FI

Übersetzung: Saoirse, Foresight News

Redaktioneller Hinweis: Als der Kryptomarkt den „10.11“-Absturz erlebte und Altcoins im Schnitt um 62% einbrachen, blickt der Autor aus der Perspektive eines Betroffenen auf Überlebensstrategien zurück: vom unerwarteten Glück mit Delta-neutralen Strategien bis zur tiefgehenden Reflexion über den Einsatz von Hebel und Marktspekulation. Der Text beleuchtet sowohl die Belastungsprobe für DeFi- und Perpetual-Plattformen als auch die zentrale These, dass „Leidenschaft die Überlebenden der Branche antreibt“. Nachfolgend die vollständige Übersetzung:

In letzter Zeit denke ich oft über meine Lebensentscheidungen nach – in den vergangenen vier Jahren habe ich mich fast vollständig dem Kryptobereich gewidmet, und das „vollständig“ ist keineswegs übertrieben: Ich habe kaum andere Hobbys, der Großteil meiner wachen Zeit dreht sich direkt oder indirekt um Kryptowährungen: Trading-Research, Testen neuer Protokolle, Austausch mit anderen, Content auf X posten, Meinungen anderer lesen, Branchen-Newsletter durchstöbern und Podcast-Transkripte lesen (ich bevorzuge Text, weil ich fünfmal schneller lese als Videos schaue oder Audios höre).

Ich liebe den Prozess des Strebens wirklich, man könnte fast sagen, ich bin besessen davon. Das heißt nicht, dass ich nur dieses eine Interesse habe, aber aktuell ist es mein zentraler Fokus. Vielleicht werde ich irgendwann in der Zukunft müde davon, dann werde ich vielleicht Wochen oder Monate über meinen Lebensweg nachdenken und schließlich ein neues Ziel finden. Rückblickend ist meine Faszination für Zahlen und Spekulation jedoch offensichtlich.

Der „10.11“-Crash war erschütternd, aber ich kam fast unversehrt davon. Am Wochenende hatte ich auf der Lighter-Plattform eine Delta-neutrale Strategie eingesetzt, meine Short-Positionen wurden nicht wie auf Hyperliquid automatisch liquidiert; auf der Long-Seite hielt ich nur Spot-Assets. Auf Bybit hatte ich keine Perpetual-Positionen offen, und am Tag vor dem Crash schloss ich einen nicht unerheblichen DOGE/BTC-Pair-Trade – ursprünglich nur, um ein ruhiges Wochenende zu haben. Im Nachhinein betrachtet: Hätte ich diesen Trade nicht geschlossen, hätte ich wohl erhebliche Verluste erlitten. Mein Überleben diesmal war also durchaus auch Glückssache.

Normalerweise nutze ich einen niedrigen Hebel von 2-3x, um die erforderliche Margin auf zentralisierten (CEX) oder dezentralisierten Börsen (DEX) zu reduzieren. Dennoch hat mich dieser Crash schockiert: Altcoins fielen im Schnitt um 62%, einige Coins sogar um 85%-99% – das bedeutet, dass alle gehebelten Long-Trader liquidiert wurden. In den letzten Jahren sind viele aggressive Trader (in der Szene als „degenerierte“ oder „degenerates“ bezeichnet) in den Kryptomarkt geströmt, zuerst tobten sie sich im Solana-Bereich aus, dann bei Perpetuals. Heute ist gehebeltes Trading zur Branchen-Norm geworden, auch ich nutze täglich Hebel. Manche mögen diese Trader für mangelndes Risikomanagement kritisieren, aber aus meiner Sicht ist ein 2-3x-Hebel schon ziemlich konservativ. Und ehrlich gesagt glaube ich nicht, dass die Leute nach diesem Crash auf Hebel verzichten werden – in 1-2 Wochen werden die aggressiven Trader zurück sein, als wäre nichts geschehen.

Stell dir vor, wie du bei einem durchschnittlichen Altcoin-Verlust von 63% (und das ist nur der Durchschnitt, die meisten Coins fielen noch stärker) dein Risiko absichern willst – das ist einfach verrückt.

Wer bleibt nach diesem Crash noch in diesem Zyklus „im Spiel“?

Die Antwort: Die „Sturen und Vorsichtigen“ – sie halten hauptsächlich Spot-Assets und beobachten neue Coins oder Projekte lange, bevor sie einsteigen. Sie springen nicht blind auf jeden Hype auf, erzielen daher selten extreme Gewinne, aber ihr Portfolio wächst dafür Jahr für Jahr stabil und mit Zinseszins.

Am stärksten getroffen wurden die Perpetual-Trader; ironischerweise stehen viele „Altcoin-Gläubige“ (wie Trader im Solana-Bereich) vergleichsweise besser da – weil sie meist ungehebelt handeln. Natürlich haben einige von ihnen auch Perpetuals gehandelt, und falls ja, haben sie vermutlich große Verluste erlitten. Aber die meisten bleiben beim Spot-Trading, und selbst wenn sie Verluste machen, verlieren sie nicht alles.

Für dezentrale Perpetual-Börsen (Perp DEX) ist der Einfluss dieses Crashs bemerkenswert: Auf Hyperliquid wurden Short-Positionen automatisch liquidiert, was dem Plattform-Token HLP Gewinne bescherte; auf Lighter wurden die Shorts nicht liquidiert, was zu Verlusten beim Token LLP führte. Niemand kann derzeit die Zukunft der dezentralen Perpetual-Börsen vorhersagen, aber der „10.11“-Crash war ein Stresstest, der viele Lehren und Verbesserungsansätze für die Branche hinterlässt. Zum Beispiel: Muss das Buyback-Modell des HYPE-Tokens angepasst werden? Ist ein 100%-Buyback nachhaltig?

Werde ich aufhören, Hebel zu nutzen? Nein. Mir ist klar, dass ich für alle meine Trades und Entscheidungen selbst verantwortlich bin, Risiko ist immer da – ohne Risiko gibt es auch keine Rendite.

Für den DeFi-Bereich erwarte ich in Zukunft eine Welle von Liquidationen. Auch wenn DeFi beim „10.11“-Crash stark war, hat sich die Panik im Markt ausgebreitet, viele werden ihre Assets lieber in der eigenen Wallet halten als sie Dritten anzuvertrauen. Glücklicherweise blieb USDe in diesem Crash stabil. Aus meiner Sicht ist Ethena das „Rückgrat“ des DeFi-Sektors – es trägt das gesamte DeFi-Ökosystem, und wenn Ethena Probleme bekommt, gibt es Kettenreaktionen (zum Beispiel hängen 70% des Total Value Locked (TVL) von Pendle an Ethena).

Mit Blick auf die Zukunft überlege ich ständig, welche Altcoins einen Einstieg wert sind. Momentan tendiere ich zu MNT und zu den „alten“ etablierten Tokens. Außerdem glaube ich, dass die „Altcoin-Spekulationswelle“ abkühlen wird, daher werden PUMP und Fartcoin nicht zu meinen Hauptinvestments gehören. Derzeit halte ich vor allem Stablecoins und plane, nach einem „reinen News-/Narrativ-getriebenen“ Trading-Ansatz zu handeln – dieser bringt vielleicht nicht die höchsten Gewinne, schützt aber mein Kapital kurzfristig recht gut.

Abschließend möchte ich sagen:

Die meisten Menschen erreichen ihre erträumten finanziellen Ziele nicht, weil ihnen die Eigenschaften erfolgreicher Menschen fehlen.

Deine Konkurrenten sind jene, die „für diesen Bereich geboren“ sind: Sie achten nicht auf Arbeitsstunden und geben auch in schwierigen Zeiten nicht auf. In guten Zeiten werden sie nicht nachlässig, in schlechten Zeiten nicht mutlos – das ist längst ihr Lebensrhythmus.

Reichtum mag ihr offensichtliches Ziel sein, aber was sie wirklich antreibt, ist „der Prozess des Strebens“, „die Freude am Wachsen“, „das Feilen an Skills“ und das stille Verbessern ihrer Fähigkeiten, wenn niemand zuschaut.

Sie sind nicht vom „Endziel“ besessen, sondern lieben „die Landschaft am Wegesrand“.

Deshalb können sie auch dann weiter „gewinnen“, wenn andere müde werden oder aufgeben – nicht, weil sie „gewinnen müssen“, sondern weil sie sich nicht vorstellen können, dieses geliebte „Spiel“ zu verlassen.