Wie geht es El Salvador nach der Abschaffung von Bitcoin als gesetzliches Zahlungsmittel?

Diese Woche ermöglichte mir einen Einblick in ein Land, das sich selbst neu erfindet.

Verfasst von: Efrat Fenigson

Übersetzung: AididiaoJP, Foresight News

In der vergangenen Woche besuchte ich El Salvador zum dritten Mal innerhalb eines Jahres und es ist deutlich zu erkennen, dass dieses Land einen echten Wandel durchläuft – keine theoretischen Diskussionen, keine Oberflächlichkeiten, sondern eine grundlegende Veränderung in der Art und Weise, wie Menschen leben, denken, aufbauen und in die Zukunft blicken. Der Moment, der all dies zusammenfasste, ereignete sich am Wochenende bei einem privaten Abendessen mit Präsident Nayib Bukele, an dem ich teilnehmen durfte.

Ich verfolge seine Arbeit seit mehreren Jahren. In meinem Podcast habe ich neun Einheimische und Ausländer interviewt, darunter Geschäftsleute, Bauherren, Community-Organisatoren und normale Bürger. Vor einem Jahr twitterte ich, dass es mein Traum sei, ihn eines Tages zu treffen.

Was ich nicht erwartet hatte: Als das Abendessen zu Ende war und ich zu ihm ging, um ein Foto zu machen, sagte ich: „Hallo, ich bin Efrat“, und bevor ich mich vorstellen konnte, antwortete er sofort:

„Ich kenne dich, ich habe deinen Podcast gesehen.“

Dieser Moment war unvergesslich, denn er ließ mich spüren, dass all meine Erlebnisse dieser Woche eng mit der großen Vision verbunden sind, die sich in diesem Land entfaltet.

Die dreifache Vision des Landes

In dieser Woche fanden drei Veranstaltungen statt: „Reclaiming Health“, „Adopting Bitcoin“ und „Historic Bitcoin“, die jeweils unterschiedliche Aspekte von El Salvadors Entwicklung aufzeigten.

Das von Dr. Kenneth Fernandez-Taylor aus El Salvador geleitete „Reclaiming Health“-Seminar untersuchte die Schnittstelle von körperlicher Gesundheit und solider Währung. Ein Teil der Diskussion konzentrierte sich darauf, wie unsolide Währungen und eine auf kurzfristige Zeitpräferenzen ausgerichtete Arbeitskultur Stress, Unsicherheit und langfristige Gesundheitsprobleme verursachen. In einem Land, das bereits die öffentliche Sicherheit wiedererlangt hat und nun auf wirtschaftliche Freiheit hinarbeitet, ist die Verbindung zwischen Gesundheit und Geld ganz offensichtlich und keineswegs abstrakt. Vor vier Jahren, als die Welt im „apokalyptischen Pandemie“-Wahnsinn versank, schien ein solches Gesundheitsseminar, das Wahrheitssucher, freiheitsliebende Ärzte, Heiler und Experten zusammenbringt, wie ein ferner Traum. Doch in El Salvador werden Träume Wirklichkeit.

Auf der „Adopting Bitcoin“-Konferenz sah ich den Motor dieses Wandels. Kreislaufwirtschaften wie „Bitcoin Beach“ (El Zonte), „Berlin“ und „MurphLife“ in El Salvador zeigen, was passiert, wenn Menschen mit Sats verdienen, ausgeben und sparen. Communities wie „Bitcoin Babies“, „Orange Women“ oder das argentinische „La Crypta“ betonen, dass Bitcoin für alle da ist. Händler akzeptieren Bitcoin ganz selbstverständlich. Kinder wachsen in dieser Umgebung auf. „Mi Primer Bitcoin“ kündigte ein neues Kapitel an: Lehrmaterialien, Rahmenwerke und Leitfäden werden für über 70 Projekte in mehr als 40 Ländern bereitgestellt, um Community-geführte Bitcoin-Bildung zu unterstützen. Im Startup-Bereich wimmelte es von Gründern, die hier Büros eröffnet und ihre Unternehmen in El Salvador gegründet haben. Immer wieder hörte ich ein gemeinsames Thema, ganz einfach: Hier kann man etwas erreichen.

Bild: Michael Holloman Jr.

Bitcoin und El Salvadors historischer Moment

Doch der Höhepunkt der Woche und der Moment, der den Ton für alles angab, war die „Historic Bitcoin“-Konferenz. Dies war die weltweit erste von einer Regierung organisierte Bitcoin-Konferenz, veranstaltet vom von der Regierung El Salvadors gegründeten Bitcoin-Büro (geleitet von Stacy Herbert und ihrem Team) und abgehalten im Nationalpalast und Nationaltheater. Diese beiden Orte sind symbolträchtige Wahrzeichen, und die Wahl, eine Bitcoin-Konferenz an solch ehrwürdigen Orten abzuhalten, spricht Bände. Im Saal versammelten sich Minister, Unternehmer und internationale Redner; Stimmen aus den USA, Europa, Lateinamerika und Afrika. Die Gäste erhielten eine Broschüre mit dem Titel „El Salvador, das Bitcoin-Land“, auf deren Cover ein Foto von Präsident Bukele prangte – ein klares Zeichen dafür, dass Bitcoin hier nationale Strategie ist.

Foto: Efrat Fenigson

Auf dem Gerardo Barrios Platz vor dem Gebäude wurde die Konferenz in den öffentlichen Raum ausgeweitet; die Inhalte wurden mit spanischer Übersetzung live an lokale Familien, Studenten und Senioren übertragen. Geschäfte und Stände akzeptierten Sats als Zahlungsmittel, Bitcoin schien an seinen natürlichen Lebensraum zurückzukehren, wurde Teil des städtischen Alltags und die Öffentlichkeit wurde Teil der Konferenz.

Mehrere Ankündigungen unterstrichen die Richtung des Landes: Das Landwirtschaftsministerium unterzeichnete eine Kooperationsvereinbarung mit „The Beef Initiative“, um die lokale Rindfleischproduktion zu stärken. Steak 'n Shake kündigte an, El Salvador als ersten Standort für den Eintritt in den lateinamerikanischen Markt zu wählen und von Anfang an Bitcoin zu akzeptieren.

Bildquelle: Translating El Salvador

Die Regierung gab Pläne zum Kauf von NVIDIA B300-Chips bekannt, deren Rechenleistung mit Unterstützung von Hydra Host ausreicht, um fortschrittliche KI-Modelle lokal zu trainieren und zu betreiben. Dies ist ein Schritt hin zu einer souveränen Computerinfrastruktur, der die Abhängigkeit von großen Tech-Unternehmen verringert und die Grundlage für den Aufbau eigener KI-Fähigkeiten in El Salvador schafft. Nach einer kürzlichen Investition von 17 Millionen US-Dollar kündigte Mempool an, sich in El Salvador registrieren zu lassen. Mit Unterstützung von Lina Seche und dem Bitcoin-Büro werden im Rahmen des Programms „Zwei Schulen pro Tag“ – Teil der groß angelegten Modernisierung und Erweiterung der Bildungsinfrastruktur des Landes – 500 Klassenzimmer renoviert, um Bitcoin- und Finanzbildung zu ermöglichen. Diese Initiativen ergeben zusammen ein stimmiges Bild: Ein Land baut auf mehreren Ebenen gleichzeitig seine Zukunft auf.

Die Teilnahme von Ricardo Salinas sorgte für einen Höhepunkt auf der „Historic Bitcoin“-Konferenz. In seiner Rede sagte er: „El Salvador steht auf der richtigen Seite der Geschichte“ und hob insbesondere die enorme Verbesserung der öffentlichen Sicherheit hervor: „(Hier) ist es sicherer als in Japan. Ich wünschte, mein Land wäre genauso.“ Einer der einflussreichsten Unternehmer Lateinamerikas sprach damit vielen Besuchern der Woche aus dem Herzen.

Bild: Efrat Fenigson

Das Präsidenten-Dinner

Doch das klarste Fenster in die Zukunft bot sich bei diesem Abendessen.

Bild: El Salvador Bitcoin Office

Bukele unterscheidet sich völlig von seinem internationalen Comic-Image. Er ist scharfsinnig, schnell im Denken, witzig und kennt sich bestens mit der Bitcoin-Kultur aus. Kaum hatte er Platz genommen, scherzte er: „Leute, das war's, Bitcoin ist vorbei“, nur weil der Preis an diesem Tag unter 100.000 US-Dollar gefallen war. Er ist kein Politiker, der sich zwanghaft volksnah gibt oder nach Drehbuch spricht; er versteht wirklich etwas von der Materie und von Bitcoin.

Als das Gespräch auf die langfristige Entwicklung von Bitcoin kam, sagte er einen Satz, der mir im Gedächtnis blieb: „Bitcoin sollte eine Währung sein.“

Kein Investment, keine Anlageklasse, sondern eine Währung. Er sieht klar das Endziel und kennt den Weg dorthin. Die Communities, die Bitcoin im Alltag nutzen, sind das Rückgrat, das Bitcoin von einer Idee zu einem funktionierenden Währungssystem macht.

Seine Schlagfertigkeit und sein analytischer Scharfsinn ergänzen sich perfekt. Als Giacomo Zucco, Direktor des Plan B Network, als „anarchokapitalist“ vorgestellt wurde, reagierte Bukele sofort: „Kein Problem, ich bin auch mit Milei befreundet“, und nannte ihn während des Dinners immer wieder „den Anarchisten“. Als Wiz ihm ein Samurai-Schwert schenkte und Giacomo eine Flasche Rum namens „Dictador“ (eine lockere Anspielung auf die Medienberichterstattung), erinnerte jemand daran, dass Bukele keinen Alkohol trinkt. Er antwortete sofort: „Kein Problem, ich schwinge auch selten ein Schwert.“

Am Ende des Dinners bedankte sich Giacomo bei ihm, worauf Bukele mit einem Satz antwortete, der seine Regierungsphilosophie zusammenfasst: „Es tut mir leid, dass ich eine Regierung leite, aber es ist eine sehr kleine Regierung.“

Der glückliche Pfeifer

Ich habe viele Länder besucht, die auf eine dunklere Bahn geraten: mehr Überwachung, mehr Zentralisierung, mehr Kontrolle, mehr Gewalt. Doch in El Salvador geschieht das Gegenteil: Sicherheit ohne Unterdrückung, Ordnung ohne Ersticken, Freiheit gepaart mit Verantwortung. Nach Jahrzehnten der Gewalt durch Banden erleben die Menschen in El Salvador eine Befreiung. Man sieht es in ihren Gesichtern: Sie sind freundlich, entspannt, dankbar. Auf meiner letzten Reise sah ich einen 75-jährigen Mann, der bei Sonnenaufgang mit dem Fahrrad durch El Zonte fuhr und dabei pfiff. „Wann pfeifen Menschen?“, fragte ich mich. „Glückliche Menschen pfeifen. Menschen pfeifen, wenn sie sich sicher fühlen.“ Dieser einfache Moment wurde für mich zur stillen Metapher dieses Ortes.

Ja, das Land muss sich weiterhin mit globalen Institutionen wie dem Internationalen Währungsfonds auseinandersetzen. Die jüngste Entscheidung, Bitcoin den Status als gesetzliches Zahlungsmittel zu entziehen, ist bedauerlich, aber nach einem Blick unter die Oberfläche fühlt es sich an wie ein Schritt zurück und vier nach vorn. Fortschritt verläuft selten geradlinig. Doch die Richtung ist klar: Vorwärts in Richtung monetärer, digitaler, bildungspolitischer und bürgerlicher Souveränität – alle Kräfte ziehen in dieselbe Richtung.

Diese Woche ermöglichte mir einen Einblick in ein Land, das sich selbst neu erfindet.

Während die meisten Länder der Welt unter dem Einfluss globaler Agenden mit wirtschaftlichen, sicherheitspolitischen und gesellschaftlichen Problemen kämpfen, verändert El Salvador seine Realität und betritt eine neue Zeitlinie.

Und Bukele zu treffen, fühlte sich nicht an, als würde man einen Präsidenten treffen.

Es war eher, als würde man einem Architekten begegnen, der entschlossen ist, sein Land zu befreien und ihm den Weg zu ebnen.